Weinkunde der Steirischen Weingasthöfe

Schilcher, ein Wein mit Erlebniswert



Die Rebsorte bringt elegante, dichte Rotweine für einen Ausbau im Holzfass hervor, als Schilcher mutiert sie zum wichtigsten Lebensnerv der Weststeirer. Der Schilcher spielt seine Stärken vor allem knochentrocken und säurebetont aus, aber ebenso gut wird er halbtrocken und edelsüß vinifiziert. Auch das Schütteln und Rütteln ist den weststeirischen Weinbauern längst in Fleisch und Blut übergegangen. Sie produzieren feingeschliffene, mit erfrischendem Mousseux ausgestatte Schilchersekte, die für jede Menge prickelnden Spaß sorgen. Und gekonnt in Szene setzen sich hochprozentig die Tresternbrände aus der Wildbacher-Traube.

Der klassische Schilcher ist ein Naturbursch – aber ein überaus gut erzogener. Die sortentypischen Aromen nach Erdbeeren, Cassis, Himbeeren, Blutorangen oder roten Ribiseln werden meist von kühler Noblesse getragen, die mineralische Würze steht prall im Saft und es fehlt nicht an Wucht, Nerv und herzhafter Länge. Der Schilcher ist ein steirisches Unikat, auch ein farbliches. Dieser säurebetonte Wein ist das Ergebnis einer schnellen Verarbeitung der Blauen Wildbachertraube. Gleich einem Weißwein werden die dunkelblauen bis schwarzen Trauben mit hellem Fruchtfleisch nach der Lese zügig gerebelt, eingepresst und gekeltert. So entsteht der Schilcher mit seiner typischen Roséfarbe.

Der Blaue Wildbacher ist eine anerkannte Qualitätsrebe, der aus ihr entstehende Schilcher gesetzlich geschützt. Als Schilcher dürfen daher nur Weine deklariert und verkauft werden, die zu 100 Prozent aus der Blauen Wildbacherrebe gekeltert werden und ausschließlich in der Steiermark gewachsen sind.

Kultstatus erreichte der Schilcher in den siebziger Jahren, ohne allerdings jemals ein "global player" zu werden. Die Flaschenpreise stiegen in schwindelerregende Höhen, auch für weniger gute Weine. Dank neuerer Anstrengungen zu Gunsten seiner Qualität bietet der Schilcher heute einen großartigen Trinkgenuss, der weit über jenen vor dreißig Jahren steht. Und das zu Preisen, die für jedermann leistbar sind.

Mit der Steiermark und im Besonderen mit der Weststeiermark ist der Schilcher wie kaum ein anderer Wein eng verbunden. Vor allem an den Hängen der Koralpe wird die blaue Wildbacherrebe seit Jahrhunderten kultiviert. Die Weststeiermark ist es auch, wo flächenmäßig diese Rebe am stärksten vertreten ist, wenngleich auch weiße Sorten wie Sauvignon Blanc und Weißburgunder im Anbau stehen. Die rund 480 Hektar Rebflächen im Raum Deutschlandsberg sind nach wie vor mit nahezu 90 Prozent Blauer Wildbacher bestockt, in der Steiermark-Statistik liegt diese Sorte mit 14 Prozent Anteil von 4000 Hektar Gesamtfläche hinter dem Welschriesling mit 20 Prozent an zweiter Stelle.

Schilchergeschichte
Der Schilcher verdankt seinen Namen dem schillernden Farbenspiel zwischen Blassrosa und dunklem Rot. "Schillern" und "Schilchen" sind die mittelhochdeutschen Worte für die bizarre Farbenkomposition. Vielfältig sind auch die damaligen Namen: von "rotes pau" und "rotter wein" über "Schiller" bis zum jetzigen Schilcher reichen die alten Bezeichnungen für den aus der Blauen Wildbacherrebe gekelterten Wein. Die erste dokumentarische Erwähnung des Schilchers ist mit 1580 datiert. In einem von Johann Rasch publizierten Weinbuch leiten Historiker in einer Passage den Namen Schilcher ab.

In den folgenden Jahrhunderten wird der Schilcher immer wieder in Kunstwerken oder Schriftstücken hervorgehoben. Beispielhaft ein Radierung von Moritz von Schwind über den Schilcher als Aphrodisiakum vor 1844 oder die Stainzer Bezirksbeschreibung von 1842: "im Bezirk werden beinahe ohne Ausnahme nur Schilcherstöcke angebaut, dessen Wein größtenteils in der Umgebung verbraucht wird, zum Teil aber auch nach Obersteiermark verführt wird"

Der Steirer Prof. Fritz Zweigelt (die Züchtung  "Zweigelt Rebe" - Kreuzung St.Laurent - Blaufränkisch ist nach ihn benannt) machte sich mehrfach verdient um den Blauen Wildbacher. Einerseits ließ er den Blauen Wildbacher in bis zu 40 verschiedene Typen von Ligist bis Eibiswald einteilen, andererseits wollte er gegen die mindere Qualität der Hybridweine (Direktträger) die seit der Reblausproblematik (Erstauftreten in der Weststeiermark um 1880) viel Verbreitung in der Weststeiermark fanden, ankämpfen. So kam 1936 das Weinbaugesetz, das die ausnahmslose Rodung der Direktträgerweingärten bis 1946 vorschrieb.
Der Blaue Wildbacher, von alters her eine kultivierte Rebe, hatte nie etwas mit der Direktträgerrebe gemein gehabt, wurde aber oft – leider bis in die heutige Zeit - mit dem Hybridwein verwechselt; dies wohl deshalb weil in jener Zeit fast bei jedem Schilcherbauern auch Direktträger gezogen wurde und dieser dann auch oft als Haustrunk mit dem echten Schilcher verschnitten wurde. Die Ausdrücke "Rabiatperle" oder "Heckenklescher" stammen von diesen Hybridweinen oder den Verschnitt mit ihnen.

Dass aber  gerade in diesen Jahren außergewöhnliche Schilcher  gekeltert wurden, zeigte eine Weinprobe beim 1. Internationalen Rosé Festival 2005 in Stainz. Europäische Weinfachleute und Master of Wine verkosteten Schilcher der Jahrgänge 1938, 1941 und 1947 und waren beeindruckt vom großen Reifepotential des Schilchers.

Heute sind auch schäumende Schilcher  - Sekt und Frizzante – aus dem Schilcher Sortiment nicht mehr wegzudenken. Laut Stainzer Ortschronik war aber der "Schilcherchampagner" schon auf  der Grazer Messe um 1900 als Highlight bekannt. Dies  zeigt, dass selbst die Versektung des Schilcher keine neuzeitliche "Erfindung" ist wenngleich durch Kriegswirren und daraus entstandenen Notzeiten auch die Weinkultur zu leiden hatte und die Sektkultur nicht mehr existent war. Erst ab den 70er Jahren trat im Allgemeinen wieder Erholung ein und durch das Qualitätsstreben der letzten Jahre erreicht der Schilcher wieder beachtliches Niveau .

Die Trauben des Wildbachers sind generell kleinbeerig und dickschalig, (vergleichbar den italienischen Nebbiolo-Trauben aus denen ein Barolo oder Barbaresco entsteht) und geben daher auch einen gehaltvollen Rotwein ab, der  in kleinen Holzfässern ausgebaut wird. Um erstklassige Rotwein-Ergebnisse zu erzielen ist ein guter Jahrgang und rigorose Mengenbeschränkung mit selektiver Lese von Bedeutung.
Heute gelingt es den weststeirischen Weinbauern immer mehr, sich mit einem Blauen Wildbacher als Rotwein über die Grenzen der Steiermark hinaus zu profilieren. Ausschlaggebend ist, dass man diesem Wein genügend Zeit zum Reifen lässt. Seine wahre Größe erreicht er erst durch einen mehrjährigen Reifeprozess, daher sollte ein Wildbacher erst nach drei bis fünf Jahren Lagerung in den Verkauf gebracht werden.

Als eine der letzten Entwicklungen in der Weststeiermark,  werden immer häufiger auch edelsüße Schilcher  wie Eisweine oder Botrytisweine bis zu Trockenbeerenauslesen  gekeltert. Die Möglichkeiten den Blauen Wildbacher unterschiedlichst auszubauen sind groß und es ist für den Weinliebhaber sehr spannend all diese Vielfalt zu erkunden.


Beitrag von: www.weinblattl.at